S´Muaterl ist eines der vielleicht ungewöhnlichsten Lieder, die die EAV herausgebracht hatte. Es entstammte dem Album "Neppomuk´s Rache" aus dem Jahr 1990 und ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert.
Zum einen ist das Lied mit einer ruhigen Melodie bestückt, was nicht typisch EAV ist, denn selbst die kritischsten Texte wurden mit fröhlichen Popsound ausgestattet. Und natürlich hat Thomas Spitzer wieder die Finger in Wunden gelegt, diesmal in die Religion und die Kirche generell sowie ihren Umgang mit den Gläubigen, die Kirchenpolitik und die verschiedenen eigenen Darstellungen der Religion und ihrer Bedeutung inklusive.
Es hat auch nicht lange gedauert, bis die ersten kritischen Stimmen aus der katholischen Kirche zu vernehmen waren, was aber wohl nur ein Indiz dafür war, dass das Lied den Nerv getroffen hat. Für viele EAV-Fans, die die schnellen und lustigen Lieder gerne gehört haben, ist "S´Muaterl" eines der besten Lieder der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, vielleicht gerade weil es sich vom sonstigen Stil distanziert hatte und eine ganz andere Art von Aufbau wählt.
Ein altes Mütterlein mit silbergrauen Haaren,
vom Schicksal schwer geprüft erträgt sie jedes Leid.
Sie ist ihr Leben lang gar grausam eingefahren,
doch die Kirchensteuer zahlt sie brav noch heut.
Von ihren Söhnen ist keiner mehr am Leben,
die hat das Vaterland im Krieg irg’ndwo verlor’n.
auch ihr Kanari hat den Löffel abgegeben,
weil die Nachbarskatz‘ is unlängst hungrig wur’n!
Lauscht sie dem Pfarrer am Sonntag nah der Kanzel,
denkt sie kummervoll zurück an ihren Franzl,
den ihr der Herrgott nahm in Auschwitz ganz barbarisch,
weil er ein Roter war und net besonders arisch.
Voller Ehrfurcht vor Maria, die wo gebenedeit,
denkt sie trotzdem bei sich von Zeit zu Zeit:
Ref:
Herrgott, es gescheh‘ dein Wille!
Nur manchmal glaub‘ ich
du brauchst eine Brille
und auch ein Hörgerät,
weil du siehst und hörst mi net,
wenn’s mir da herunten dreckig geht,
aber vielleicht muass des so sein,
vielleicht muass des so sein…
Sie hat nur einmal Glück g’habt in ihr’m Leben,
ein Lotterie-Gewinn und der war steuerfrei.
Der Pfarrer woit ihr gleich die letzte Ölung geben –
und seitdem ist des Kirch’ndachl nei…
Ihr Nachbar, der war nie noch in der Kirch’n,
raucht 100 Tschick am Dog und sauft zwa Liter Wein,
is pumperlg’sund doch unser armes, braves Muaterl,
hat a hine Leber und a Raucherbein!
Und wie der Messner grad mit dem Klingelbeutel kommt,
da hat er g’hört, wie des oide Muaterl summt:
Ref:
Herrgott, es gescheh‘ dein Wille!
Nur manchmal glaub‘ ich
du brauchst eine Brille
und auch ein Hörgerät,
weil du siehst und hörst mi net,
wenn’s mir da herunten dreckig geht,
aber vielleicht muass des so sein,
vielleicht muass des so sein…
Sieht sie im Fernseh’n daham die Schreckensbilder.
Nur von Hunger, Elend, Not und Tod,
dann bedauert sie den Herrgott immer wieder,
dass er im Himmel kan‘ Farbfernseher hot!
Sieht sie den Papst dann am Flugplatzboden kleben,
einem Diktator beide Hände geben,
in einem Land, wo Bomben fall’n und Kinder sterb’n,
und wo gefoltert wird, dann möcht’s am liebst’n rea’n!
Sie bet‘ ein Vaterunser und sagt: „Es ist ein Skandal –
unser’m Herrgott sein Bodenpersonal!“
Ref:
Herrgott, es gescheh‘ dein Wille!
Nur manchmal glaub‘ ich
du brauchst eine Brille
und auch ein Hörgerät,
weil gerecht is des all’s net,
wie’s da bei uns herunt’n zugeht.
Wos da auf Erden all’s passiert,
daß sogar dem Teufel anders wird…
Titel: S´Muaterl
Interpret: Erste Allgemeine Verunsicherung (EAV)
Album: Neppomuk´s Rache
Erscheinungsjahr: 1990
Text: Thomas Spitzer/EAV
In den 1980er-Jahren entstand in der Steiermark ein ganzes Netzwerk an guten Musikern und Interpreten, die auch zusammengearbeitet haben wie etwa Gerd Steinbäcker von STS in den Anfängen der EAV, auch Wilfried mischte mit.
Die Erste Allgemeine Verunsicherung oder kurz EAV wurde zur Hitfabrik mit riesigen Erfolgen. Die Lieder können heute noch die meisten Leute auswendig mitsingen und wurden zu einem Stück der österreichischen Musikgeschichte mit vielen Fans im ganzen deutschsprachigen Raum.
STS war eigentlich fast schon am Ende, als Fürstenfeld passiert ist. Von da an war das Trio nicht mehr aufzuhalten und erst Alter und Erkrankung sorgten für ein Ende. Die Lieder sind aber geradezu zeitlose Dokumente einer beeindruckenden Band aus der Steiermark.
Stefanie Werger ist eine der wenigen Frauen, die es schaffte, ihren Platz am österreichischen Musikmarkt zu erkämpfen, wo sonst mit Ambros, Fendrich, Falco & Co. die Männer für die musikalischen Erfolge gesorgt hatten.
Es gab noch einige weitere Hits und Interpreten aus jenem Netzwerk. Wilfried war jenseits von gut und böse und verband Volksmusik mit Rock, wie es später Hubert von Goisern auch umsetzte. Es gab Einzelhits wie Motorboot von KGB oder den Hexen-Ohrwurm angesichts einer Landesausstellung.
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